Der Koenig ist tot, es lebe der Koenig -------------------------------------- Ein Nachruf auf den A1000 1988 wird vielen Amiga-Fans als "schwarzes Jahr" in Erinnerung bleiben: In jenen, nicht allzu fernen Tagen brachte Commodore die endgueltig letzte Lieferung von 1000ern unter's Volk. Holger Banko, Amiga Special Redakteur und selbst langjaehriger Besitzer einer 1000ers schrieb diesen Abgesang auf den Ur-Amiga. Wohl jeder, der einen 1000er besitzt ist stolz auf seinen Rechner und behauptet stur, dass sein "Baby" der Beste unter den Amigas sei. Viele Besitzer eines 500er oder 2000er moegen diese Einstellung belaecheln, aber es gilt zu bedenken, dass der Amiga 1000 der Urahne aller Amigas ist. An dieser Stelle soll gleich mit einigen, weit verbreiteten Vorurteilen aufgeraeumt werden : So ist der A1000 keinesfalls der unausgegorene Vorlaeufer seiner beiden juengeren Geschwister, wie manch einer glaubt. Eher das Gegenteil ist der Fall !! So wurde der 1000er lange Zeit als DER Amiga betrachtet, insbesondere wenn es um den ernsthafteren Anwendungsbereich ging. Nahezu alle solche Programme waren in erster linie fuer ihn konzipiert, Besitzer von 500ern oder 2000ern mussten sich mit Zusatzperipherien behelfen, wollten sie diese Software auf ihren Computern laufen lassen. Kleines Beispiel: Das beliebte DIGI-VIEW lief so ohne weiteres nur am A1000, wer ein anderes Modell besass, musste auf einen Adapter zurueckgreifen. Heutzutage ist das (siehe DIGI-VIEW-GOLD) freilich genau umgekehrt... Aber warum wurden dann ueberhaupt der Amiga 500 und 2000 gebaut, wenn der 1000er solch eine "Wundermaschine" war und ist ? Ist er denn wirklich sooo etwas besonderes ? Wo genau lagen seine Vor- und Nachteile ? Nun, vorweg moechte ich als eingefleischter 1000er-Fan einmal feststellen, dass er wirklich etwas besonderes ist ! Der Bau der beiden anderen AMigas hatte fuer Commodore vor allem geschaeftliche Bedeutung, denn der Amiga 1000 fuegte sich schon vom Design her weder in das Klischee des Heimcomputers, noch in das des Personal Computers. Und last not least - er war in der Produktion viel zu teuer und somit auf lange Sicht schlicht unrentabel. Commodore entschloss sich also sehr schnell, eine preiswertere Version fuer den Heimgebrauch zu entwerfen, die auch entsprechend aussehen sollte. Um aber auch die sogenannten "ernsthaften" Anwender nicht als Kunden zu verlieren, sollte zusaetzlich ein preisguenstiger Amiga-PC auf den Markt; mit einem entsprechend grossen Gehaeuse, auf dass man seine "ernsthaften Absichten" schon von Weitem erkenne. Bei Commodore machten sich also die Entwickler daran, dem 1000er eine ordentliche Abmagerungskur zu verpassen. Als erstes sollte das WOM dran glauben. Das WOM ist das "Write Once Memory", welches den Amiga 1000 dazu befaehigt die Kickstart, also das Betriebssystem, von Diskette zu laden. Das hatte zwar den Nachteil, dass man nach dem Einschalten zuerst ein wenig warten musste, bis der Rechner zu Ende geladen hatte, und damit betriebsbereit war, aber die knappen 10 sec. Wartezeit waren nicht so schlimm, bedenkt man, dass sich dafuer jede beliebige Kickstart-Version verwenden laesst ! Die 1000er-Freaks hatten also immer die neueste Version zur Verfuegung, ohne dafuer grossen Aufwand betreiben zu muessen. Die Eigentuemer der neuen Amigas sollten es nun schwerer haben, denn als Ersatz fuer das WOM wurden ROMs, auf denen die Kickstart fest installiert wurde, in den Rechner eingebaut. Ein Wechsel des Betriebssystems war nun nur noch durch einen Eingriff in die Hardware moeglich. Aber es sollte weiter gespart werden. Das naechste Opfer war das ausgezeichnete Netzteil des 1000ers, welches fuenf Diskettenlaufwerke problemlos mit Stromk versorgen konnte, da es noch mit einem Luefter ausgestattet war. Schwupp, schon war es weg, und die 500-User muessen sich seither mit einem schwaechlichem Ersatz begnuegen, der schon bei einem Zusatzlaufwerk so heiss wird, dass man an lauen Winterabenden ein kleines Zimmer damit beheizen koennte. Bei dem A2000 fand ein anderes Netzteil Verwendung, das zwar mit einem Luefter aufwarten kann; der ist aber gleich so laut, dass man ihn am besten im Nebenzimmer plaziert. Als groebsten Frevel an ihrem "Heiligtum" empfinden die eingefleischten 1000er-Freaks jedoch die Gehaeuse der neuen Amiga-Generation. "Die alte Aesthetik ist dahin!", toent es allerorten. Besonders schmerzlich wird der Verlust, wenn man bedenkt, dass all jene, die bei der Entwicklung des Amigas mitgeholfen hatten, sich durch ihre Unterschrift auf der oberen Gehaeusehaelfte verewigt hatten. Die einzigen Hinweise, die nun noch auf die gedanklichen Vaeter unserer "Freundin" hindeuten, findet man im Betriebssystem. Mit einem Diskettenmonitor kann man sie sich leicht auf der Kickstart-Diskette des 1000ers ansehen. Aber ab der Kickstart 1.4 muss vorraussichtlich auch dieses Stueck Nostalgie weichen, um fuer neue Routinen Raum zu schaffen. Apropos aufraeumen: Platz wurde uebrigens auch auf der Amiga-Platine geschaffen. Die gesamte Platine wurde "ausgemistet" und hoeher integriert, sodass sie nun problemlos in das Gehaeuse eines Amiga 500 eingebaut werden konnte. Bei dieser Gelegenheit wurde auch der Agnus, einer der Amiga-Custom-Chips, leicht veraendert und war nun in der Lage, angeschlossene Speichererweiterungen selbststaendig zu erkennen. Damit bleibt den "Amigianern" der neuen Generation ein leidiges Manko erspart, von dem viele A1000-Eigner ein trauriges Lied singen koennen. Doch wie heisst es so schoen ? "Keine Rose ohne Dornen!". So schien das Zusammenquetschen der Platine zu leichten "Stabilitaetsproblemen" gefuehrt zu haben, denn jeder Bastler beschwoert, dass der A1000 nicht so ohne weiteres durch einen kleinen Kurzschluss an den Ports aus der Fassung zu bringen waere. Ganz anders siehts da bekanntlich bei den 500ern und 2000ern aus... Ein wenig an Qualitaet verlor auch die Maus. In ihr wurden, bei den beiden neuen Amigas, die Microschalter von TDK durch solche Folienschalter ersetzt, wie sie auch in preiswertern Joysticks Verwendung finden. Waehrend dieser Aufraeumaktion verschwanden auch die vielen Videoausgaenge des A1000, die es ermoeglichen, den Rechner an einem Fernseher oder normalen Composite Minitor zu betreiben ! Aber Einsparungen hin, Weglassungen her, es darf vor lauter Schwaermerei auch nicht vergessen werden, dass sich eine Menge Dinge zum Bessere wandten. So entsprachen z.B. mehrere Ports des A1000 nicht ganz den Normen, darunter auch der Parallel-Port. Die Belegungen der Ports wurden also bei den nachfolgenden Modellen geaendert. Diese Entwicklung ist dann auch teilweise fuer die eingangs erwaehnten Kompatibilitaetsprobleme verantwortlich, da ja etliche Erweiterungen ueber die Ports betrieben werden. Das ist uebrigens auch der Grund, warum Digitizer und aehnliche Hardware, die am Parallel Port angeschlossen wird, immer noch fuer beide Rechner getrennt angeboten werden. Aber mit der Peripherie stand der 1000er eigentlich von eher ein wenig auf Kriegsfuss. So waren die verschiedenen Versionen des Rechners untereinander nicht voll kompatibel. Kleines Beispiel: Eine Erweiterung, die zwischen Tastatur und Computer gesteckt werden muss, lief grundsaetzlich nicht auf allen 1000ern. Warum? Nun, Commodore hatte dem Rechner zwei verschiedene Tastaturen spendiert, die mit unterschiedlichen Taktgeschwindigkeiten aufwarteten. Klar, dass das zu aergeren Problemen mit dem Timing fuehren musste ! Aber was soll's, den Amiga erging es wie jeder anderen Familie auch: Vater und Kinder sind nicht immer einer Meinung, aber letztlich rauft man sich doch zusammen. Im Klartext bedeutet das, dass die Unterschiede zwischem dem A1000 und der aktuellen Amiga-Generation verschwindend gering sind; die Kompatibilaet liegt nahe der 100%-Marke. Der auffaelligste Unterschied duerfte sein, dass der 1000er nicht mehr zu haben ist... Alleine dieser Umstand macht ihn also schon zu etwas Besonderem, denn vielleicht gilt er ja bald als Raritaet, und wird dadurch zu einem begehrtem Sammlerobjekt ? Tatsache bleint: Der alte Koenig hat abgedankt, die beiden jungen Prinzen halten nunmehr das Zepter fest in der Hand. Und vielleicht ist es ohnehin verfrueht, dem 1000er Krokodilstraenen nachzuweinen - noch gibt es ja genug von ihnen ! Quelle: AMIGA SPECIAL 2/89 Absender: TOB