Der kleine Unterschied... oder warum Amiga ungleich Amiga ist. von Jörg Herz (01.07.91, korrigiert am 01.08.91) Als ich im Januar '87 meinen 1000er kaufte, ahnte ich noch nichts davon, daß nur wenige Monate später bereits weitere Commodore- Produkte den Namen "Amiga" tragen würden. Nach dem ersten Schreck bei der Vorstellung der Geräte auf der CeBit '87 war ich erleichtert, daß die neuen Geräte (besonders der A500) doch nicht so von meinem 1000er verschieden waren. Schließ- lich war die gesamte bis dahin erhältliche Hardware auf den Amiga 1000 zugeschnitten und die neuen Geräte mußten sich erstmal etablieren. Ein Druckerkabel für den 1000er war damals noch an jeder Ecke zu haben und die hardwaremäßigen Unterschiede schienen größtenteils vernachlässigbar oder korrigierbar. Gut vier Jahre später hat sich einiges geändert. Die Hardwareflut für den 1000er ist verebbt, in gleichem Maße wie die Artikel der bekannten Computerzeitschriften zum 1000er verebbten. Gleichzeitig schienen Neuerungen und Weiterentwicklungen, wie 1 MByte Chipram, Kickstart 2.0 oder ECS am Amiga 1000 vorbeizu- gehen. In vielen Publikationen war, wenn überhaupt, davon die Rede, daß diese Features "für den Veteranen Amiga 1000 leider nicht ver- fügbar" seien. An dieser Stelle stellte sich mir die Frage, worin denn die großen Unterschiede zwischen dem 1000er und dem A500 beständen, die ersteren offenbar von jeder technischen Neuerung von vornherein ausschloßen. War das Problem wirklich hardwarebedingt, oder war es lediglich durch die mangelhafte Unterstützung des 1000er durch Commodore entstanden ? Wie kann man Hardware-Inkompatibilitäten umgehen oder beseitigen ? Welche Teile des Amiga 1000 sind besonders betroffen ? Auf diese Fragen soll die folgende Übersicht eingehen. Zur Lösung der Probleme sind aber alle aufgerufen, die sich mit dem Amiga1000 beschäftigen. Schreibt mir euere Erfahrungen mit Hardware am Amiga 1000, egal ob mit Speichererweiterungen, Turbokarten, interne Lauf- werke, Harddisks oder-was-auch-immer. Ich sorge dafür, daß euere Erfahrungen anderen nützen. Nennt mir Hardware-Hersteller und Lieferanten, die noch Teile für den 1000er liefern, oder die Teile für den 500er herstellen, die man auch im/am 1000er gebrauchen kann. Wer repariert noch 1000er ? Schreibt, schreibt, schreibt ! Die Unterschiede- von Außen nach Innen Alle folgenden Vergleiche beziehen sich, wenn nicht anders ver- merkt auf den A500. Der erste Unterschied, der ins Auge fällt ist die abgesetzte Tasta- tur des 1000ers, die übrigens von erstklassiger Qualität ist. Daraus ergibt sich natürlich der zweite Unterschied: Der A1000 braucht ein Tastaturkabel, das natürlich nicht dasselbe wie beim 2000er ist. Wenn irgendwann mal das Kabel kaputtgeht, oder zu kurz ist, kann man sich mit einem Telefonhörerkabel behelfen- es sind tatsächlich dieselben. Die Stecker haben übrigens die Bezeichnung "Westernstecker 4/4". Erhältlich sind die Kabel in jedem Tele- fonladen oder im Elektronikversand. Die Tastatur selbst ist natür- lich erheblich kompakter als beim A500. Frage: Wo kriegt man Ersatz -Tasten oder eine komplette Ersatz-Tastatur her ? Wer sich nicht scheut, kann auch eine Amiga2000- Tastatur anschlie- ßen. Das erfordert allerdings etwas Bastelarbeit und sieht optisch nicht gerade umwerfend aus (brrrr!). Eine Anleitung dazu steht jedenfalls in der Kickstart Nr. 2/89 S.35. Die Firma Roßmöller bietet außerdem Adapter an, mit denen man AT- Tastaturen am A1000 verwenden kann (Was wohl auch nicht die optimale Lösung darstellt). An der Frontseite befindet sich unter der Abdeckung der Slot für die 256 KByte-Speichererweiterung, für den es beim A500 auch ein Gegenstück gibt, allerdings kann man den A500 an der Unterseite mit 512 KByte erweitern. Beide Anschlüsse sind in ihrer Belegung nicht miteinander zu vergleichen (oder doch ? Wer weiß es ?). Die Mausanschlüsse sind bei beiden Computern identisch, wenn auch die 1000er-Maus einen abgewinkelten Stecker hat und zudem von erheblich besserer Qualität ist als die A500-Maus, das gleiche gilt für die Joystick-Anschlüsse. Der Erweiterungsport sitzt beim A1000 an der rechten Seite, während er beim A500 links sitzt und dadurch um 180 Grad gedreht wurde. man kann also Erweiterungen beider Computer für diesen Port wechselseitig verwenden - rein theoretisch. Praktisch kann das daran scheitern, daß eine A500-Erweiterung mög- licherweise einen (oder beide) Joystickanschlüsse verdecken kann, wenn sie am 1000er angeschlossen wird. Außerdem hängt eine A500- Erweiterung meist "in der Luft", weil die Höhe der Erweiterungs- ports bei beiden Computern verschieden ist. Ebenso kann es passieren, daß der A500 plötzlich in der Luft hängt, wenn man versucht, das Sidecar anzuschließen. Durch die 180-Grad- Drehung ist dabei das Diskettenlaufwerk des Sidecars nur von hinten zugänglich. Abhilfe kann durch einen sogen. "Gender-Changer" geschaffen werden, der nichts anderes macht, als die Anschlüsse um 180 Grad zu drehen. Früher lag so ein Teil jedem Digi-View-Digitizer zum Anschluß an den A500 bei. Heute muß man wohl zum Selbstbau greifen, oder kennt noch jemand einen Hersteller, der sowas vertreibt ? Der nächste Anschluß, der mir bei meinem Rundgang um den 1000er be- gegnet ist der Druckeranschluß. Er unterscheidet sich vom A500- Parallelport bekanntermaßen durch die Spannungsversorgung an Pin 23 und einige vertauschte Leitungen, außerdem stellt der A1000 am Parallelport eine Stiftleiste zur Verfügung, während der A500 eine Buchse besitzt. Wer nur einen Drucker anschließen will, dem wird ein umgebautes Standartdruckerkabel genügen. Doch selbst das wird zum Problem, wenn man technisch unbedarft ist. Wer bietet noch Druckerkabel für den A1000 an ? Wer beispielsweise einen Sounddigitizer anschließen will, muß sich schon einen Adapter basteln, oder auf RS232-Adapter mit flexibler Verdrahtung zurückgreifen (RS232-Joker o.ä.). Dasselbe gilt für den seriellen Port, nur daß die Belegung hier noch chaotischer ist. Wer ein Modem anschließen will,muß sich wohl einen Adapter bauen oder kaufen. Die Pinbelegung beider Ports kann man im Handbuch nachlesen. Im Amiga-Magazin 6/7,87 ist außerdem eine Belegungsvergleichstabelle Amiga1000/Amiga500 für den Parallelport abgedruckt. Der Floppy-Anschluß, der zwischen diesen Ports liegt, ist bei allen Amigas identisch. Die Audio-Anschlüsse, sowie der Monitor-Anschluß sind beim 1000er und beim A500 identisch (Gott-sei-Dank). Daraus resultiert, daß man Grafikkarten, wie die HAM-E oder die Colorburst-Karte problemlos an allen Amigas anschließen kann. Wozu die TV-Mod-Buchse gut ist, kann ich leider nicht sagen, viel- leicht weiß es einer von Euch. Die Video-Buchse ganz links kann über ein Kabel mit dem Video-Ein- gang eines Videorekorders verbunden werden. Auf diese Weise kann man beispielsweise die eigenen Grafikanimationen auf Video aufnehmen, und das ohne TV-Modulator ! An der linken Seite des Tausenders befindet sich bekanntermaßen, außer einem taktisch günstig angebrachten Ein/Ausschalter nichts von Interesse. So, jetzt öffnen wir das Gehäuse des Amiga 1000 und schauen uns darin um. Wer noch Garantie hat, sollte das von einem Fachge- schäft durchführen lassen (kleiner Scherz...). Nebenbei bewundern wir dabei den Deckel mit den verewigten Auto- grammen der Amiga-Gurus (welcher Computer hat das schon ?!). Nachdem wir mit viel Schweiß die vielen Schrauben gelöst haben, die das Abschirmblech halten, haben wir ungehinderten Blick auf die Hardwaremäßigen Herrlichkeiten des A1000. Zurück zu unserer Hauptfrage: Was ist anders als beim A500 und was bedeutet das für uns ? Beginnen wir beim Hauptprozessor, dem 68000er. Beim Tausender sitzt er rechts oben parallel zum Erweiterungsport, direkt neben dem internen Laufwerk (diese Tatsache wird uns noch beschäftigen...). Beim 500er sitzt er auf der linken Seite, ebenfalls parallel zum Erweiterungsport und gegenüber dem 1000er um 180 Grad gedreht. Na prima, denke ich, dann kann man Turbokarten vom 500er ja pro- blemlos in den 1000er-Prozessorsockel stecken. Denkste ! Wie oben schon angedeutet, liegt es am internen Laufwerk, daß die meisten 500er-Turbokarten im Tausender keinen Platz haben. Die meisten Karten, die den Prozessorsockel benutzen, werden nämlich nach den internen Platzverhältnissen des A500 ausgelegt, und der hat rechts vom Prozessor keinen Platz, weil da die Tastatur liegt. Also werden alle Bauteile auf der Karte nach links gesetzt, die Platine ragt links mehrere Zentimeter über den Pro- zessor hinaus. Versucht man nun, eine solche Karte in den A1000- Prozessorsockel zu setzen, so kollidiert man unweigerlich mit dem Diskettenlaufwerk. Das betrifft natürlich nicht nur Turbokarten, sondern alles, was den Prozessorsockel benutzt (AT-Emulatoren, Speichererweiterungen) und links vom Prozessor zuviel Platz braucht. Abhilfe: Bei Karten, die nur so breit sind, wie der 68000er lang ist, genügt es, ein Stück von der Laufwerkabschirmung mit der Blechschere oder der Eisensäge abzuschneiden. Dazu zählt zum Beispiel die Roßmöller 2/8 MByte-Erweiterung, die ich auch be- nutze. Es sollte auch mit der Vortex-ATonce-Emulatorkarte funk- tionieren (obwohl die Karte nirgends als für den A1000 geeignet genannt wird!). Karten die etwas breiter sind, kommen dem Floppy- stecker ins Gehege. In diesem Fall muß man sich einen 64-poligen IC-Sockel besorgen, der die Karte über den Floppystecker hebt. Zusätzlich ist die Laufwerkabschirmung wieder zu kürzen. Allerdings sind auch in diesem Fall 8mm Abstand vom Prozessor- sockel zum Platinenrand das höchste der Gefühle. Für breitere Karten muß man sich wahrscheinlich eine Adapterplatine löten lassen, die den Prozessorsockel vom Laufwerk weg verschiebt. Ich habe allerdings eine Idee, die weniger aufwendig ist und auch keine Kenntnisse in Elektronik voraussetzen. Damit könnte man (wenn's funktioniert) die Harms-Turbokarten (020 oder 030) ein- bauen. Ich werde das allerdings noch ausprobieren. Wenn es klappt, gebe ich das natürlich weiter. Das Diskettenlaufwerk (Marke: Matsushita) habe ich im Absatz vorher schon angesprochen. Es hat nicht nur die Eigenschaft, daß es zu nah am Prozessor sitzt, es ist auch noch laut und nicht gegen Staub geschützt. Entgegen meiner Erwartung hat es allerdings über vier Jahre härtes- te Beanspruchung gut überstanden. Was aber, wenn man weniger glücklich ist, und das Laufwerk gibt den Geist auf ? Welches Laufwerk kann man ersatzweise einbauen ? Soweit ich informiert bin, muß man ein internes Laufwerk für den A500 verwenden, die A2000-Laufwerke passen nicht. Ob noch sonstige elek- tronische oder handwerkliche Tätigkeiten durchgeführt werden müssen, weiß ich, mangels Erfahrung, leider nicht. Wer kennt sich aus ? Der nächste Vergleich betrifft die Customchips Paula, Denise und Agnus, sowie den Gary. Der Gary existiert nur im A500 und A2000. Der Name bedeutet Gate ARraY, also ein Gate-Array-Chip, der lediglich die Funktionen von mehreren A1000-ICs übernimmt (wer weiß welche ICs das sind ?). Er hat für die Kompatibilität zum 1000er kaum Bedeutung. Es existieren einige (interne) Speichererweiterung- en für den 500er, die einen Gary-Sockel beinhalten, also nicht am 1000er betrieben werden können. Die Customchips Paula, Denise und Agnus sitzen im 1000er links in einer Reihe parallel zum Netzteil. Von links: Denise, Agnus, Paula. Der rechte Chip, Paula, ist un- verändert. Der Chip, der dem Netzteil am nächsten ist, ist Denise, zuständig für die Grafik. Fast alle Flickerfixer benötigen den Denisesockel. Im 500er liegt Denise in der hintersten, linken Ecke. Daraus folgt, daß man Flickerfixer, die in den 500er passen, auch im 1000er verwenden kann (reine Spekulation, wer weiß es genau ?). Auch der neue ECS-Denise müßte sich ohne Probleme in den 1000er einsetzen lassen. Und nun zu dem Chip, der seit dem Erscheinen des 500ers am um- strittensten ist, dem Agnus. Der Agnus, u.a. zuständig für das Verschieben von Speicherbereichen durch seine Komponente Blitter, kann beim A1000 nur 512 KByte RAM direkt ansprechen (Chipram). Beim 500er und bei neueren Revisionen des 2000ers dagegen sind bis zu 1 MByte Chipram ansprechbar, beim A3000 gar 2 MByte. Die Folgen sind bekannt. Allerdings versprechen Erweiterungen zum Aufrüsten !!aller!! Amiga auf 2 MByte Chipram in letzter Zeit auch dafür eine Lösung. (Siehe auch "Roßmöller_A1000" von Tom Beuke). Die Input/Output-Bausteine (CIAs) befinden sich im 1000er direkt neben dem Prozessor und sind für die Kompatibilität nicht von Bedeutung, da sie kaum verändert wurden. Allerdings fehlt dem 1000er noch ein Baustein, und das ist das Kickstart-ROM. Bis zur Betriebssystem-Version 1.3 hat das sicher auch kein 1000er-Besitzer vermisst, ermöglicht die Diskettenlösung doch ein beliebiges Auswählen des Betriebssystems. Durch die Erweiterung des Kickstart 2.0 auf 512 KByte ist der WOM (256 KByte) im 1000er leider zu klein. Die Lösung wäre eine externe Kickstart- umschaltplatine für den 1000er, die auch 512 KByte-ROMs oder EPROMs verkraftet (Wo gibt es sowas ?). Etwas was nicht so ins Auge, dafür aber umso mehr ins Ohr fällt, ist das Fehlen eines abschaltbaren Tiefpaßfilters beim 1000er. Das heißt im Klartext, daß der Tiefpaßfilter des Audioverstärkers ständig eingeschaltet ist, was dazu führt, daß höhere Frequenzen (mehr als 7 kHz) einfach abgeschnitten werden. Der Klang ist baßlastig und wenig brillant. Die einfachste Lösung zum Abschalten dieses Ärgernisses wird in Chris Bergers Artikel "Tiefpaßfilter" beschrieben. Wer unbe- dingt glaubt, seinen Tiefpaßfilter hin und wieder zu benötigen, der kann die Methode in der Kickstart 2/89 benutzen. Damit wird das Filter sowohl hard- als auch softwaremäßig abschaltbar. So jetzt bin ich fast fertig. Jetzt fehlt nur noch das größte Bau- teil im Amiga 1000 - das Netzteil mit Lüfter. Mit der Kompatibilität zum 500er hat das zwar wenig zu tun, es zeigt aber, daß der 1000er in diesem Punkt wesentlich besser durchdacht ist, als der 500er. Das Netzteil gibt eine Leistung von 80 Watt ab. 60 Watt davon werden vom Amiga geschluckt. Die verbleibenden 20 W reichen aus, um mehrere externe Laufwerke und interne Karten mit Strom zu versorgen, während das Netzteil beim 500er sehr schwach auf der Brust ist. Außerdem erhitzt sich das 500er Netzteil während der Arbeit auf recht ungesunde Temperaturen, besonders wenn es überbeansprucht wird. Und schließlich und endlich ist da noch der taktisch günstig plazierte Ein/Ausschalter am 1000er. Im Vergleich zum 2000er muß man am 1000er auch noch den sehr leise arbeitenden Lüfter lobend erwähnen. Und was lernen wir daraus ? Der Tausender mag einige Fehler haben, die die Verwendung von Hardwareerweiterungen erschweren und behindern, es gibt aber zu all diesen Problemen zumindest Lösungsmöglichkeiten, wenn nicht gar ausgereifte Lösungen. Man muß sich allerdings mit dem Com- puter beschäftigen. Der Amiga 1000 ist keine bequeme Maschine, zu der an jeder Ecke Hardware angeboten wird. Aber die Kompati- bilität zu den neuen Modellen ist immer noch gegeben. Was der 1000er-User braucht, ist eine umfassende Information über die Möglichkeiten des A1000, und die kann heute, wo sich keine Amiga-Zeitschrift mehr mit dem "Oldie" beschäftigt, nur durch andere User erfolgen. Das ist der Sinn und Zweck dieses Diskettenmagazines. Wenn jemand Erfahrungen mit den oben angesprochenen Problemen hat, seien es bloße Probleme, oder bereits fertige Lösungen, oder auch nur eine Idee zur Lösung eines Problems, dann soll er schreiben.