Carsten Drücke Lilienthalstr. 12 3400 Göttingen 28.08.1992 O.M.A. 2.0 Seit einiger Zeit versucht Markt&Technik über die Tochterfirma MSPI den O.M.A. (Optimierender Macro Assembler) an den Mann / die Frau zu bringen. Neben dem günstigen Update-Angebot für DevPac-Besitzer, schreckt man dabei auch nicht davor zurück, nicht vorhandene Vorteile zu implizieren. Nicht etwa , daß hier offen gelogen wird, es sind die unklaren Andeutungen, mit denen man den User locken will. Zitat: "Commodore hat mit Erscheinen des neuen Betriebssystems Amiga OS 2.0 eine neue Ära für die Amiga-User eingeleitet......Liegt es da nicht nahe, sich mit dem richtigen Werkzeug zu rüsten,....?". Wer daraufhin erwartet, daß dem Assembler die Include-Files für OS2.04 beiliegen, der ist dann schon das erste Mal reingefallen! Da O.M.A. als Update zu DevPac angeboten wird, sollte man erwarten, daß man ein Assemblerpaket bekommt, welches wesentliche Erweiterungen und/oder Verbesserungen enthält. Deshalb ziehe ich als Vergleich den DevPac V2.0 heran. Das Paket besteht aus - einem Editor - dem Assembler - dem Linker - und einem Debugger . Der Editor. Jeder, der den DevPac über längere Zeit benutzt hat, wird sich zunächst einmal mit O.M.A. schwertun. Der mitgelieferte Editor verlangt eine grund- sätzlich andere Bedienung als der DevPac-Editor. Der Editor bietet eigentlich alle Funktionen, die man zum Schreiben eines Programmes benötigt, und die inzwischen bei jedem Editor zum Standard gehören. Nicht ganz dem Standard folgend, ist die Tastaturbelegung, mit denen man an diese Funktionen herankommt. Die Kombination AMIGA-L ist eben nicht dazu gedacht, einen Sourcefile zu laden. Vielmehr wird dadurch der Assembler resident geladen, so daß er vom Editor aus aufgerufen werden kann. Dieser Vorgang ist nur einmal notwendig, weshalb dafür die Kombi- nation AMIGA-L einfach schwachsinnig ist. Das Rückgängigmachen einer Änderung in einer Zeile, ist auf die Tastenkombination AMIGA-Q gelegt. Bei jedem anderen Editor steht das für Quit, nur hier nicht. Die Kombinationen der Cursor-Tasten halten sich ebenfalls nicht an vorgegebene Richtlinien. Neben dieser äußerst gewöhnungsbedürftigen Tastaturbelegung, gibt es noch ein paar weitere kleine Schwachstellen. Der Editor bietet zwar die Möglichkeit, bis zu 20 Texte im Speicher zu halten, aber leider ist es nicht möglich, zwei Texte gleichzeitig in verschiedenen Windows zu sehen. Es ist lediglich möglich, zwischen den Buffern umzuschalten. Verschiedene Funktionen sind nur über Menues anzusprechen, haben also keinen Tastatur- Shortcut. Dazu gehört auch die Funktion "Save as". Der Editor beherrscht eine Macro-Sprache. Leider sind die Funktionskürzel dieser Macro-Sprache derartig kryptisch, daß das Erstellen von Macros die Arbeit weniger unterstützt, als selbst Arbeit zu verursachen. Darüber, daß der File- requester unter Kick2 nicht auf den ASL-Requester zurückgreift, ebenso wie über die fehlende ARexx-Implementation, will ich garnicht erst reden. Der Assembler: Der Assembler ist durchaus funktional, einigermaßen schnell und fast kom- patibel zu DevPac. Aber eben nur fast ! Wer alte DevPac-Sources assem- blieren will, wird nicht darum herumkommen, zuvor verschiedene Änderungen vorzunehmen. Total beknackt ist es jedoch, daß OMA immer ein END-Statement am Ende des Textes haben will; sonst gibts ne Warnung. (So ein Schwachfug! Ich weiß echt nicht, was das soll.) Der Debugger: Der Debugger ist völlig anders aufgebaut als beim DevPac. Die Handhabung ist dermaßen unterschiedlich, daß man keineswegs einfach umsteigen kann, sondern zunächst eine längere Lernphase zu bewältigen hat. Die Lernphase wird durch das ungenügende Handbuch noch zusätzlich verlängert. Auch hier finden wir wieder die benutzerfreundliche, intuitive Menue- steuerung. Ich kann mir keinen größeren Dummfug vorstellen, als Menues in einem Debugger, besonders dann, wenn für die meisten Funktionen kein Shortcut angegeben ist ! Der Debugger benutzt keinen eigenen Screen, sondern öffnet seine Windows auf der Workbench. Dadurch ist man gezwungen, Windows vor- und zurückzulegen. Da Intuition nicht unbedingt flott beim Window-Handling ist, kann die Benutzung des Debuggers zu einer echten Nervenprobe werden. Der Linker: Der zu dem Paket gehörende Linker ist weitgehend kompatibel zu BLink, bietet aber noch zusätzliche Optionen. Eine dieser 'Optionen' ist es, daß sich das CLI sang- und klanglos aufhängt, wenn man unvorsichtigerweise für Eingabe- und Ausgabefile den gleichen Namen angibt. Die übrigen Optionen spielen beim alltäglichen Gebrauch kaum eine Rolle. Das Handbuch: All die "Kleinigkeiten", die ich bisher bemängelt habe, sind aber lächer- lich im Vergleich zu dem, was sich Handbuch nennt ! Es handelt sich nicht um einen praktischen Ringordner, sondern um ein Buch mit geklebtem Rücken. Dieses zerlegt sich schon nach sehr kurzer Zeit in eine Einzelblattsamm- lung. Etwas in den Buch zu finden, ist eine abendfüllende Beschäftigung: Es gibt keine Kurzzusammenfassung der wichtigsten Befehle oder Tastatur- kombinationen. Um Informationen nachzulesen, ist man gezwungen, mehr oder weniger lange in dem Buch 'rumzublättern und muß zusätzlich viel Text überlesen, bis man fündig wird. Der Aufbau und die Gestaltung des Textes trägt ebenfalls dazu bei, daß dieses Handbuch seinen Namen nicht verdient. Fazit: Der einzige Vorteil, den O.M.A. gegenüber dem betagten DevPac 2 hat, ist die Fähigkeit, alle Prozessoren der 68k-Line, ebenso wie die FPU und MMU zu unterstützen. Dieses dürfte aber nur für A3000-Besitzer oder Besitzer einer Turbokarte von Interesse sein, die unbedingt ein Programm schreiben wollen, das mit Sicherheit nicht auf einem 'kleinen' Amiga läuft. Von einem Update kann aber keinesfalls die Rede sein; es ist ein totaler Umstieg, den ich keinem DevPac-Besitzer empfehlen möchte. Für Einsteiger mag es möglich sein, mit O.M.A. glücklich zu werden, denn wer DevPac nicht kennt, vermißt ihn auch nicht. Der O.M.A. kostet jedoch 50,-- DM mehr als der DevPac. Eigentlich müßte das umgekehrt sein ! So. Ich hoffe, daß ich jetzt auch wirklich den Letzten davon abgebracht habe, auch nur einen einzigen Gedanken daran zu verschwenden, sich dieses Mistwerk (oh! Typo. Sollte natürlich 'Machwerk' heißen) zuzulegen, auch wenn ich zugeben muß, daß das meine ganz persönliche Meinung ist. - Carsten